14.04.-15.09.2019
Martin Monnickendam (1874-1943) war in den ersten drei Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts ein vielseitiger, gefeierter und erfolgreicher niederländischer Künstler. Mit seinen großen, farbenfrohen Bildern von Theaterlogen, feiernden Menschenmassen, Landschaften und Stilleben, gravitätisch und doch zauberhaft gemalt, machte er in seiner Heimat und im Ausland Furore. Auch die warm getönten, pointierten Zeichnungen, die er in seiner Heimatstadt Amsterdam und auf seinen vielen Reisen schuf, fanden ihren Weg zu zahllosen Anhängern seiner Kunst. Umgeben und respektiert von einer großen Gruppe von Kollegen und Freunden, wurde sein Name oft neben Zeitgenossen wie den berühmten niederländischen Künstlern George Breitner (1857-1923), Kees Maks (1876-1967) und Jan Sluyters (1881-1957) erwähnt. Kritiker assoziierten seine Arbeiten mit Franscisco de Goya (1746-1828), Honoré Daumier (1808-1879) und Edgar Degas (1834-1917) und nannten ihn sogar „den holländischen Mentzel“ (Adolph von Menzel, 1815-1905).
In den Nachkriegsjahren gerieten Martin Monnickendam und seine Werke in Gefahr, vergessen zu werden, bedingt durch die vorherige Auslöschung der Erinnerung durch die Nationalsozialisten.
Die Ausstellung ist ein Höhepunkt im Bemühen der Stiftung der Freunde des Malers, die Arbeiten einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Anlässlich der Ausstellung hat die Stiftung der Freunde Martin Monnickendams, 46 Zeichnungen dem RothenburgMuseum gestiftet.
Martin Monnickendam wurde 1874 in Amsterdam in einer recht wohlhabenden jüdischen Familie geboren. Nach einer unvollendeten Ausbildung an der Höheren Bürgerlichen Schule schaffte er im Alter von 16 Jahren mit Erfolg die Aufnahmeprüfung für die Rijksakademie für Bildende Kunst. Dort lag der Schwerpunkt der Ausbildung auf praktischem Zeichnen und Malen. Von seinen Kommilitonen wurde Piet Mondrian (1872-1944) viele Jahre später mit Abstand der berühmteste. Im Jahr 1895 reiste Monnickendam nach Paris, wo er vertraut wurde mit den innovativen französischen Strömungen der Kunst, wo er radieren lernte und an der Schule des berühmten Conservatoire des Arts et Metiers des Abbé Grégoire studierte.
Seine Gemälde errangen in der Folge hohe Preise, und seine Zeichnungen verkauften sich im Kunsthandel wie von selbst. Monnickendam nahm im Laufe seines Lebens in den Niederlanden und im Ausland an 275 Ausstellungen teil und wurde zwanzigmal ausgezeichnet, fünf Mal davon mit einer Goldmedaille. Er unterrichtete auch am Internationalen Schildersatelier in Amsterdam und war ein sehr gefragter Illustrator für Tages- und Wochenzeitschriften.
Endgültig zu Berühmtheit gelangte Monnickendam durch den Kunsthändler Bernard Houthakker aus Amsterdam. Er organisierte in den Jahren 1916-1918 verschiedene Ausstellungen seiner Pastelle mit Stadtansichten von Amsterdam, Rotterdam und Den Haag. Dadurch erreichte Monnickendam große Popularität und erhielt begeisterte Kritiken.
Sein ganzes Leben hindurch hielt Martin Monnickendam Szenen aus dem jüdischen Leben fest, obwohl er sich, zum Teil wegen seiner gemischten Ehe mit Alice Mouzin im Jahre 1906, vom religiösen Judentum distanzierte. Das Gemälde „Die Waisenjungen“ aus dem Jahr 1924, auf dem die Trauerfeier für einen Direktor des jüdischen Waisenkinderhauses gezeigt wird, zählt dennoch zu seinen Spitzenwerken.
Dank der guten Resonanz seiner Werke und der damit verbundenen Einnahmen konnte sich Monnickendam Reisen ins Ausland ab etwa 1920 nach Belgien, Frankreich, Deutschland und Italien leisten. Eines seiner ersten Reiseziele war 1922 Rothenburg ob der Tauber, wo er auf den Spuren unzähliger Vorgänger und Zeitgenossen wandelte, unter denen von Henri de Toulouse-Lautrec (1864-1901), Wassily Kandinsky (1866-1944) und Oskar Kokoschka (1886-1980). Das ‚große‘ und das ‚kleine‘ Rothenburg, zwei wundervolle Stadtveduten, sowie die schöne Ansicht auf das Rathaus, hingen bis zum Ende seines Lebens an einem Ehrenplatz im Treppenhaus seines Hauses in der Stadhouderskade in Amsterdam. Im letzten Interview, das Monnickendam 1941 gab, sprach er über seine Verbundenheit mit der Stadt: „Rothenburg is een der indrukwekkendste steden die ik ken. Hier voelt men nog de middeleeuwen. […] [= „Rothenburg ist eine der beeindruckendsten Städte, die ich kenne. Hier spürt man noch das Mittelalter…]“
Am 4. Januar 1943 verstarb Martin Monnickendam durch die Folgen der nationalsozialistischen Besetzung der Niederlande. Wegen des Berufsverbots als jüdischer Künstler konnte er sein Haus nicht mehr heizen und der kalte Winter und eine dadurch bedingte Lungenentzündung setzte seinem Leben ein vorzeitiges und grausames Ende. Sein Vermächtnis ging an seine Frau Alice und später an seine beiden Töchtern Roos und Ruth. Die beiden Letztgenannten trugen sein Vermächtnis 1973 an die Stiftungsfreunde von Martin Monnickendam heran.
Neben den drei großen Gemälden, die er in Rothenburg anfertigte, und einer Auswahl von 46 Zeichnungen, die er während seines Aufenthalts dort angefertigt hat, können in dieser internationalen Ausstellung rund 20 weitere Top-Stücke bewundert werden, die sein vielseitiges Oeuvre illustrieren sollen.