Partizipation – Teilhabe der Bürger an ihrem Museum
Perspektiven wechseln – »Gedankenbilder« im RothenburgMuseum
Zu der Ausstellung des studentischen Wettbewerbs „Inside Out Rothenburg ob der Tauber“ des Lehrstuhls für Städtebau und Entwerfen der RWTH Aachen setzen ab 15. April 2023 die Foto-Collagen des Rothenburger Künstlers Ekkehart Tittmann einen Kontrapunkt.
Seit dem 7. Oktober 2022 zeigt das RothenburgMuseum im Sommerrefektorium sieben stadtplanerische Visionen für die städtebauliche Situation am Würzburger Tor. Diese Ausstellung regt mit Absicht zu Diskussionen an, gerade auch zu kontroversen Sichtnahmen auf Stadtbild und Stadtgestalt. Mit Absicht wird das RothenburgMuseum im Rahmen dieser Ausstellung zu einem Diskursort und folgt damit einem hochaktuellen Ansatz der gegenwärtigen Standortbestimmung von Museen. Mit der von Laura Vonhoegen, M.Sc. und Caner Telli, M.Sc., wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl Prof. Ing. Reicher, kuratierten Ausstellung „Inside Out“ will das RothenburgMuseum bewusst provozieren und zu einer Auseinandersetzung mit der Stadtentwicklung und der Stadtgeschichte Rothenburgs einladen. Das kann bei dem einen oder anderen Entwurf durchaus radikale Ansätze annehmen, zwingt aber stets dazu, Position beziehen zu müssen.
In diesem Kontext von Entwurfszeichnungen und Modellen bezieht die Ausstellung von Ekkehart Tittmanns Foto-Collagen auch Position: nicht vordergründig plakativ, sondern fein- und hintersinnig. Bei den ausgestellten 20 Foto-Collagen handelt es sich um visuelle Kontrastsetzungen, die erst auf den zweiten, dritten – nein mehrfachen Blick bereit sind, ihre Botschaft preiszugeben. Es sind buchstäblich „Gedankenbilder“ zu Rothenburgs Stadtgestalt, zu Entwicklungen und Themen von Rothenburgs Altstadt, ihrer Geschichte und Gegenwart. In der Einbeziehung des Nordkreuzgangs wird bewusst eine gedankliche Brücke zu den Stadtansichten von Johann Friedrich Schmidt von 1762 geschlagen. Gemeinsam mit den Gegenwarts-Veduten von Willi Pfitzinger waren diese in der Sonderausstellung „Pittoresk! Selbstbild – Fremdbild – Wiederaneignung“ zu sehen. Tittmann bezieht auch den vermeintlich „pittoresken“, den malerischen Blick auf die Altstadt in seine Collagen mit ein und bündelt als Künstler kongenial die jüngsten Sonderausstellungen des RothenburgMuseums.
Ekkehart Tittmann (Jg. 1940) lebt seit 1972 in Rothenburg ob der Tauber. Künstlerisch tätig ist Tittmann seit 1963 (Malschule Alois Huber, München), Mitglied des Rothenburger Künstlerbunds e.V. ist er seit 2022. Als engagierter Lokalhistoriker hat Ekkehart Tittmann nicht allein Monographien zur Rothenburger Stadtgeschichte sowie zahlreiche Beiträge in der Linde verfasst, sondern stets auch Position zu Fragen der Stadtentwicklung bezogen.
Wichtig ist Tittmann der respektvolle Umgang mit dem reichen Erbe der Stadt. Die Kombination von einem oder mehreren Fotos in seinen Collagen soll nicht allein einen Funken Witz („Ingenium“) auslösen, sondern vielmehr zum kritischen Nach- und Mitdenken und so zu einem vertieften Verständnis des Dargestellten anregen. In der gedanklichen Brücke von den Stadtansichten Johann Friedrich Schmidts (1762) zu den Zukunftsentwürfen der Studenten der RWTH Aachen stellt sich die Frage: Was war, was ist, was wird Rothenburg ob der Tauber sein? Mit dieser Ausstellungsintervention von Ekkehart Tittmann in „Inside Out“ folgt das RothenburgMuseum dem Grundgedanken der „audience first“ statt der „collection first“ und entspricht einem Museumsverständnis, das unterschiedliche Perspektiven aufzeigen und einen diskursiven Raum für gesellschaftliche Auseinandersetzungen bieten will. Auf diese Weise entsteht ein Ort urbaner Resonanz und städtischer Vielfalt. Mehr noch: es wird explizit zu einem Verhandlungs- und Ideenraum, der anregen und nicht von etwas überzeugen oder etwas durchsetzen will. Im Idealfall wird das Museum so zu einem Ort, der für viele Bürger von Relevanz ist – ein Ort, an dem relevante Themen verhandelt und unterschiedliche Positionen zur Sprache gebracht werden.
In diesem Kontext werden Ekkehart Tittmanns „Gedankenbilder“ vom 15. April 2023 bis zum 30. Juni 2023 im Sommerrefektorium des RothenburgMuseums zu sehen sein. Sonderführungen werden noch gesondert annonciert werden.